Intern
Nachwuchsförderzentrum für Juniorinnen

Die große Revolution

11.07.2018

Talentierte Spielerinnen sollen gemäß DFB möglichst lange bei Jungen trainieren. Dieser Glaube hält sich hartnäckig bei Verbänden. Die Studie des NFZ zeigt, dass keine Leistungsunterschiede zwischen Spielerinnen mit einer Karriere bei Jungen- oder Mädchenteams existieren.

Der Streit zwischen Vereinen mit Leistungsfußball bei den Juniorinnen und den Fußballverbänden schwelt bereits seit Langem. Während die Verbände darauf beharren, dass gute Spielerinnen nur bei den Jungen noch besser werden und sich im Leistungsfußball durchsetzen können, verweisen die Vereine auf ihre langjährige Erfahrung. Und diese Erfahrung besagt, dass es auf den Spielerinnen-Typ ankomme. Mal entwickle sich eine Spielerin in einem Jungenteam gut, andere Spielerinnen aber entfalten ihr Talent bei den Juniorinnen besser. 

VerbandstrainerInnen berufen jedoch regelmäßig mit deutlicher Mehrheit Spielerinnen aus Jungenteams in ihre Regionalauswahlen und behaupten, die koedukative Ausbildung, also das gemeinsame Trainieren von Mädchen und Jungen, führe zu den bestmöglichen Leistungsergebnissen. Die Folge für die Vereine ist dann das häufige Fehlen von Spielerinnen bei Trainings oder gar bei Verbandsspielen. Eltern, so wird regelmäßig von Vereinsverantwortlichen formuliert, schrecken vor der Anmeldung in einem Juniorinnen-Team zurück, weil von Verbandsseite direkt oder indirekt mit dem Ausschluss aus oder der Nichtaufnahme in eine Regionalauswahl gedroht werde.

Empirische Daten statt Glaubensfrage

An diesem Konflikt ist vor allem das Fehlen jeglicher verlässlicher Wissensbasis bemerkenswert. Beide Seiten berufen sich auf ihre Erfahrung und können dennoch keine systematischen Belege beibringen. Dieses Manko behebt nunmehr die Studie zu Leistungsunterschieden bei Spielerinnen mit Karrieren in Jungenmannschaften (koedukative Ausbildung) bzw. mit einer Laufbahn in Juniorinnen-Teams (monoedukative Ausbildung).

"Wir haben bei über 370 Spielerinnen die fußballerischen Kompetenzen mit dem wissenschaftlich anerkannten Verfahren SCORE getestet", erläutert Prof. Reinders, Direktor des Nachwuchsförderzentrums an der Universität Würzburg, die Ziele der Studie. "Wir wollten herausfinden, inwieweit sich Spielerinnen mit unterschiedlicher Laufbahn entwickeln." Die Ergebnisse zeigten, so Reinders weiter, dass keine Leistungsunterschiede bestünden. "Egal, ob Spielerinnen bei den Mädchen oder Jungen groß werden, ihre Leistungen sind vergleichbar gut". Entscheidend sei vielmehr die gesamte Fußballerfahrung der Spielerinnen. Veröffentlicht wurde die Studie jüngst in der Zeitschrift "Leistungssport" des Deutschen Olympischen Sportbundes, dem zentralen Fortbildungsorgan für TrainerInnen.

Fußballerfahrung und Agilität entscheidend

In Ausgabe 4/2018 der renommierten Zeitschrift können nun beide Seiten nachlesen, dass je länger Juniorinnen Fußball spielen und je mehr Trainingserfahrung sie haben, desto besser sind auch ihre Leistungen. Zudem ist ihre Agilität, die Kombination aus Auffassungsgabe und Schnelligkeit, viel bedeutsamer als die Frage nach mono- oder koedukativer Ausbildung. "Wir haben mit dieser Studie erstmals empirische Evidenzen für eine Debatte, die bislang aus dem Bauch heraus geführt wurde", betont Reinders die besondere Bedeutung der Studie.

Auch der Vergleich von U17-Juniorinnen, die in Bundesliga-Teams oder einer Liga darunter spielen, ergibt in einer Sonderauswertung keine Unterschiede. Nicht die Biographie in Jungen- oder Mädchenteams sei entscheidend, sondern die Qualität der Ausbildung, sind sich die AutorInnen der Studie sicher. Bei der Diskussion ihrer überraschenden Ergebnisse verweisen sie vielmehr auf die Bedeutung eines didaktisch guten Trainings, dass an die geschlechtsspezifischen Anforderungen der Spielerinnen angepasst sei. "Der Gedanke, dass Mädchen bei Jungen besser trainiert werden, stimmt nicht. Aber es ist durchaus sinnvoll, Leistungsteams der Juniorinnen im Spielbetrieb der Junioren antreten zu lassen", sind sich die AutorInnen als eine der Schlussfolgerungen aus der Studie sicher.

Zu den Publikationen